Lange Zeit wurden das körperliche und seelische Erleben des Menschen als zwei voneinander getrennte Konzepte angesehen. Die psychosomatische Medizin und Psychotherapie hat diesen Ansatz jedoch verändert: Emotionales Erleben, Verarbeiten und Verhalten werden in der Psychosomatik als wichtig für die Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung körperlicher Symptome und Störungen angesehen und einbezogen.
Eine im Fachjargon genannte „psychosomatische Störung“ ist eine Erkrankung, bei der durch seelische Belastungen körperliche Beschwerden ausgelöst werden. Psychosomatische Störungen sind häufig unterdiagnostiziert, da meist nach körperlichen an Stelle von psychischen Ursachen gesucht wird.

Psychosomatik: Wenn seelischer Schmerz körperlich wird

Psychosomatik kann als „Lehre der Wechselwirkung von Körper und Seele“ verstanden werden. Der Begriff der Psychosomatik setzt sich aus den griechischen Wörtern „psyche“ (Atem, Hauch) und „soma“ (Körper) zusammen. Als wissenschaftliche Lehre befasst sich die Psychosomatik mit dem Einfluss psychischer Belastungen und Empfindungen auf den Körper. So bilden Körper und Seele in der Psychosomatik eine untrennbare Einheit und unterliegen zahlreichen Wechselwirkungen. Folglich werden seelische Belastungen auch als belastend für den Körper angesehen und umgekehrt. Patientinnen und Patienten mit psychosomatischen Störungen zeigen körperliche Symptome, deren Ursache seelisch ist.

Die psychosomatische Störung

Psychosomatische Störungen sind Erkrankungen, bei der sich seelischer Leidensdruck in körperlichen Beschwerden manifestiert. Medizinisch können häufig organische Symptome (beispielsweise einen erhöhten Blutdruck) festgestellt werden, jedoch keine organische Ursache als Auslöser. In anderen Fällen passt der organische Befund nicht oder nicht ausreichend zu den körperlichen Beschwerden. Bei einer psychosomatischen Störung ist die Beeinflussung der Beschwerden durch den psychischen Zustand der Person so stark, dass die Symptome nicht mehr allein durch den körperlichen Befund erklärt werden können.

 

Im weiteren Sinne gelten auch Krankheiten als psychosomatisch, bei denen kein zu den physischen Beschwerden passender somatischer Befund vorliegt. Das Krankheitsbild der Person wird dabei primär jedoch von den Symptomen bestimmt, für die keine organischen Ursachen gefunden werden können, oder die nicht zum organischen Befund passen. Hierbei ist es für die Diagnose von Bedeutung, dass die Beschwerden über längere Zeit anhalten und den Alltag der oder des Betroffenen signifikant beeinträchtigen.

Statistisch konnte beobachtet werden, dass psychosomatische Erkrankungen bei Frauen häufiger auftreten als bei Männern. Eine psychosomatische Störung kann in jedem Lebensalter bestehen.

Um psychosomatische Erkrankungen zu verstehen, ist es wichtig, anzuerkennen, dass die Beschwerden real existieren; sie können in vielen Fällen durch beispielsweise organische Schädigungen nachgewiesen werden. Die Annahme, dass psychosomatische Beschwerden (beispielsweise Schmerzen) eingebildet werden würden, ist irrtümlich und kann eine große zusätzliche Belastung für die erkrankte Person darstellen.

Abgrenzung: Psychosomatische und somatopsychische Probleme

Von Bedeutung ist die Abgrenzung zwischen „psychosomatischen“ und „somatopsychischen“ Beschwerden. Die Begriffe klingen ähnlich, bezeichnen aber das umgekehrte Geschehen. Somatopsychische Reaktionen sind psychische Reaktionen auf körperliche Beschwerden, beispielsweise eine Depression, die durch eine chronische Erkrankung ausgelöst wurde. Psychosomatik wirkt umgekehrt: Hier hat seelisches Leid als Folge körperliche Beschwerden.

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Kloster Schäftlarn 8, 82067 Kloster Schäftlarn

Ursachen psychosomatischer Krankheiten

Die Bandbreite an möglichen Ursachen für psychosomatische Krankheiten ist groß. Gemeinsam ist ihnen der seelische Leidensdruck. Psychosomatische Störungen können beispielsweise durch starke Angst und Sorgen, anhaltenden Stress, Trauer und traumatische Erlebnisse ausgelöst werden. Auch schwierige Lebensumstände und ungelöste Konflikte kommen als Ursachen einer psychosomatischen Störung in Frage.

Halten derartige Belastungen über längere Zeit an, können sie sich in Form körperlicher Beschwerden manifestieren, wie beispielsweise Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder Rückenschmerzen. Betroffenen können selbst meist nicht erkennen, wodurch die Symptome ausgelöst und aufrechterhalten werden. So suchen sie häufig verschiedene Ärzte und Ärztinnen auf, die jedoch keine oder nicht ausreichend Erklärung der körperlichen Beschwerden finden, oder deren Therapie fehlschlägt. In diesen Fällen ist durch eine physische Therapie eine, Besserung oder Heilung oft nicht möglich aufgrund einer fehlenden oder unpassenden Diagnose. Dies stellt für die erkrankte Person eine erneut belastende Situation dar, wodurch sich Beschwerden verstärken können.

Unterdrückter Gefühle im Zusammenhang mit psychosomatischen Störungen

Emotionen haben körperliche Auswirkungen: Bei Angst kann dies ein Zittern, trockener Mund und hohen Blutdruck sein, bei Wut Hautrötungen, angespannte Muskeln und eine verstärkte Atmung. Traurigkeit kann mit Erschöpfung und verminderter Muskelspannung einhergehen.

Werden, beispielsweise in einer schwierigen Situation, Gefühle unterdrückt, können die dazugehörigen körperlichen Reaktionen bestehen bleiben. Betroffenen können dann, im Falle einer unbewussten Unterdrückung der Emotionen, ausschließlich ihre körperlichen Reaktionen als Beschwerden wahrnehmen. So zeigen Personen, denen ein Umgang mit Gefühlen schwerfällt, häufiger psychosomatische Beschwerden. Eine psychotherapeutische Behandlung kann zur Verminderung oder Heilung der psychischen und körperlichen Symptome führen.

Psychosomatische Symptome und ihre Funktion

Symptome psychosomatischer Herkunft können gewissermaßen die Funktion eines Schutzmechanismus übernehmen. Beispielhaft können häufige und belastende Konflikte im Arbeitskontext starke psychosomatische Kopfschmerzen entstehen lassen, durch welche Leidensdruck entsteht und das Aufsuchen der Arbeitsstelle unmöglich werden (in derartigen Kontexten wird von Krankheitsgewinn gesprochen).

Wichtig ist hierbei die Unterscheidung von Simulation und Psychosomatik: Das Entstehen der starken Kopfschmerzen als Schutzmechanismus ist keinesfalls mit einer Simulation gleichzusetzen. Die Kopfschmerzen sind existent; sie sind ein Signal des Körpers, dass eine psychische Situation unerträglich wird.

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Psychosomatische Störungen: Symptome und Krankheitsbilder

Menschen können unterschiedlich auf seelische Belastungen reagieren. So gibt es auch eine Bandbreite an Symptomen einer psychosomatischen Störung und Beschwerden. Einzelne treten häufig auf. Dies sind insbesondere:

  • Migräne
  • Kopfschmerzen
  • Schmerzen im Rücken, Nacken- und/oder Schulterbereich
  • Verdauungsbeschwerden wie Durchfall oder Verstopfung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Haarausfall
  • Schwindel
  • Herzrasen
  • Müdigkeit
  • Atemnot
Psychosomatische Probleme können kurzzeitig oder langzeitig bestehen. Sie können beispielsweise abklingen, wenn der Auslöser beseitigt wird (wie das Vorübergehen einer Stresssituation vorübergeht). Beschwerden können jedoch auch verweilen. Bestehen die psychosomatischen Symptome über längere Zeit, können sie zunehmend mehr Raum im Leben der/des Betroffenen einnehmen und das Leiden verstärken.

Die Symptomatik einer psychosomatischen Erkrankung kann variieren. Häufig verändert sich die Intensität der Beschwerden phasenweise, sodass es Tage oder Wochen geben kann, in denen wenig Beschwerden auftreten. Zu anderen Zeitpunkten können die Symptome der psychosomatischen Störung die erkrankte Person an ihre Grenzen bringen.

Zu psychosomatischen Erkrankungen zählen in erster Linie körperliche Beschwerden wie Spannungskopfschmerzen, Tinnitus, Fibromyalgie, sexuelle Funktionsstörungen oder das Reizdarmsyndrom, die nicht auf einen krankhaften Organbefund zurückgeführt werden können. Diese Erkrankungen können auch als somatoforme Störungen bezeichnet werden.

Hinzu kommt eine Vielzahl an Erkrankungen, die durch seelische Belastung begünstigt und verstärkt werden. Dies können Neurodermitis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma bronchiale oder Bluthochdruck beispielsweise sein.

Psychosomatischen Beschwerden kann eine psychische Erkrankung wie eine depressive Episode oder Angststörung zugrunde liegen. Auslöser für die körperlichen Symptome können anhaltende Gefühle von Anspannung, Überforderung und Stress sein, die nicht verarbeitet werden (können). Diese können dann auf körperlicher Ebene zum Ausdruck gebracht werden.

Diagnostik psychosomatischer Störungen

Bei körperlichen Beschwerden wird zunächst nach einem körperlichen Auslöser gesucht. Wird keine Ursache dafür gefunden, kann in erster Linie durch ein Gespräch Stressfaktoren, die seelische Belastung, psychische Symptome und die Lebensgesichte in Erfahrung gebracht werden.

Für manche Betroffene erweist es sich als sehr schwierig, eine Diagnose für ihre psychosomatische Störung zu erhalten. Das liegt daran, dass viele Ärzte sich nach wie vor auf den körperlichen Aspekt beschränken, ohne psychische Ursachen in Betracht zu ziehen. Daraus kann sich ein sehr langer Weg ergeben, auf dem Betroffene viele MedizinerInnen aufsuchen. Diese ständige Suche kann zu hohen Belastungen führen, die eine psychosomatische Störung verschlimmern können. Bei starker Intensität der Symptome kann, wie bei einer Abwehr gegenüber seelischen Erkrankungen, es schwerfallen, selbst einen Zusammenhang zwischen körperlichem und seelischem Befinden zu sehen.

Therapie psychosomatischer Erkrankungen

Eine psychosomatische Störung setzt sich aus körperlichem und seelischem Leidensdruck zusammen, sodass auch die Therapie an beiden Bereichen ansetzt. Sie erfolgt interdisziplinär, häufig durch MedizinerInnen, PsychologInnen, TherapeutInnen und weiteren Berufsgruppen. Die Behandlung ist abhängig vom Krankheitsbild, der Symptomatik und der Lebensgeschichte der an einer psychosomatischen Störung erkrankten Person.

Eine wichtige Rolle in der Therapie psychosomatischer Erkrankungen spielen die Gefühle und Gedanken, die den körperlichen Beschwerden zugrunde liegen. Stressreaktionen, die von der seelischen auf die körperliche Ebene übertragen wurden, sind wichtig zu eruieren. Für die Therapie einer psychosomatischen Störung ist es bedeutsam, die Bewältigung von Stress (auf der ursprünglichen Ebene) zu erlernen.

Eine Psychotherapie kann mit verschiedenen Ansätzen erfolgen. Diese sind vielfältig – eine Form ist die sogenannte Gesprächstherapie. In der Psychotherapie finden Gespräche mit dem/der Psychotherapeuten/ Psychotherapeutin statt, wobei seelischen Belastungen erkennt, reduziert und bewältigt werden können. Hinzukommen können beispielsweise Ansätze wie Ergotherapie, Körpertherapie, Sozialtherapie und Entspannungstechniken. Abhängig von den Lebensumständen können weitere Maßnahmen hinzukommen, wie ein Aufbau eines sozialen Netzwerks oder das Stärken persönlicher Ressourcen.
Zeitgleich zu den psychotherapeutischen Ansätzen kann somatisch durch manuelle oder medikamentöse Therapie behandelt werden. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn die psychosomatische Störung anderenfalls eine Psychotherapie verhindern.

Eine Therapie einer psychosomatischen Störung kann in darauf spezialisierten Kliniken erfolgen, wie beispielsweise einer Oberberg Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie und Stressmedizin. Die Oberberg Kliniken sind der führende deutscher Qualitätsverbund privater Fachkliniken. Zu ihnen gehört die (Tages-)Klinik Zentrum Isartal.

Fachklinik Isartal am Kloster Schäftlarn

Das Zentrum Isartal bietet eine evidenzbasierte, zuverlässige Diagnostik und Behandlung seelischer Erkrankungen wie einer psychosomatischen Störung. Zeitnah, intensiv und individuell bieten wir Ihnen ambulant oder tagesklinisch Unterstützung. In gehobenem Ambiente auf dem Gelände der Benediktinerabtei können Sie diskret einzigartige Therapieangebote erhalten wie körpertherapeutische, kreative und meditative Methoden für Körper, Seele und Geist. Hier erfahren Sie genaueres über unsere Diagnostikmethoden, Indikationen, Behandlungsformen, Therapieangeboten, Ambiente, Lokalisation und vieles weitere.

Häufige Fragen zu psychosomatischen Störungen

Was sind psychosomatische Krankheiten?
Psychosomatische Krankheiten zeichnen sich durch reale körperliche Beschwerden aus, die durch eine seelische Belastung ausgelöst oder verstärkt wurden. Die Symptome lassen sich nicht oder nicht ausreichend durch eine körperliche Ursache erklären. Ausschlaggeben ist die seelische Belastungssituation.
Wie entsteht eine psychosomatische Störung?
Psychosomatische Krankheiten zeichnen sich durch reale körperliche Beschwerden aus, die durch eine seelische Belastung ausgelöst oder verstärkt wurden. Die Symptome lassen sich nicht oder nicht ausreichend durch eine körperliche Ursache erklären. Ausschlaggeben ist die seelische Belastungssituation.
Welche Krankheitsbilder zählen zu psychosomatischen Erkrankungen?
Eine psychosomatische Störung kann sich auf vielerlei Arten äußern. Es gibt eine große Bandbreite an Symptomen, die durch seelischen Leidensdruck ausgelöst werden können. Häufige psychosomatische Krankheiten umfassen beispielsweise Asthma, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Neurodermitis, Spannungs- und Clusterkopfschmerzen, das Reizdarmsyndrom und Tinnitus.
Sind psychosomatische Symptome real oder Einbildung?
Beschwerden einer psychosomatischen Erkrankungen sind keinesfalls Einbildung, sondern real und können häufig nachgewiesen werden. Ausgelöst durch psychisches Leiden manifestieren sich diese im Körper.
Wie wird eine psychosomatische Störung behandelt?
Abhängig von der Erkrankung können unterschiedliche therapeutische Schwerpunkte gesetzt werden. Neben der Behandlung der körperlichen Beschwerden kommen vor allem psychotherapeutische Ansätze zum Einsatz. Mithilfe verschiedener Therapieformen wie Gesprächs-, Ergo-, Entspannungs- oder Körpertherapie erarbeiten Betroffene Lösungen zur Reduktion und Bewältigung der emotionalen Belastung, die die psychosomatischen Probleme verursacht.
Quellen
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Heuft, G. (2017), Psychosomatik in der Neurologie.

www.springermedizin.de/emedpedia/klinische-neurologie/psychosomatik-in-der-neurologie?epediaDoi=10.1007%2F978-3-662-44768-0_177

Schäffler, A. & Kempinski, S. (2019). Psychosomatische Störungen. www.apotheken.de/krankheiten/4684-psychosomatische-storungen/

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